Der Tag beginnt um 7.30 Uhr mit dem Frühstück. Um 8 Uhr gehen einige Patienten zur Arbeit, z.B. zum Gutshof, zur Elektrowerkstatt oder Anstreicherei. Um 11.30 Uhr kommen diese von der Arbeit zurück, und um 12 Uhr ist Mittagessen. Von 13 Uhr - 15.30 Uhr rücken die Arbeiter wieder aus. Die, die keine Arbeit haben, bleiben auf der Station und vertreiben sich die Zeit mit lesen, unterhalten sich oder sitzen vor dem Fernseher.
Die Patienten, die in der Therapie einen Fortschritt gemacht haben, können Gelände- oder Stadtausgang erhalten. Um 17 Uhr gibt es Abendbrot. Anschließend kann jeder machen, was er gerne möchte. So gehen einige zum Billardspielen, gehen kickern oder Tischtennis und Backgammon spielen. Viel wird auch mit dem Personal über persönliche Probleme gesprochen. Um 22 Uhr sieht man kaum noch jemanden, da die meisten in ihrem Zimmer vor dem Fernseher sitzen oder schon schlafen.
Es gibt aber auch Tage, an denen viele Therapiestunden abgehalten werden. So ist jeden Dienstag um 17 Uhr eine Patientenrunde, bei der es nicht selten ganz schön heiß hergeht. Probleme und Beschwerden werden dort vorgebracht und diskutiert. Es kam schon vor, daß diese Runde drei Stunden dauerte. In dieser Runde kann man auch für die kommende Woche Anträge stellen, z.B. Stadtausgang, Urlaub und anderes.
Jeden Donnerstag um 17 Uhr ist eine Kontaktgruppe, bei der persönliche Probleme besprochen werden. Jeder kann über sein Delikt reden, über Gefühle, Sorgen, Trauer oder Freude sprechen, die anschließend diskutiert werden. Nach solcher Aussprache fühlt man sich manchmal richtig erleichtert.
Ungefähr alle drei Wochen findet eine Art Struktur statt. Was ist darunter Zu verstehen? Der Patient
sitzt auf einer Matte, der Psychologe etwa zwei Meter entfernt auf einem Sitz. Der Patient bringt seine Probleme
vor, die der Psychologe sich anhört und mit ihm diskutiert. Alles wird mit einer Videokamera aufgenommen.
Tage später wird das Videoband in einer Nachbesprechung mit dem Patienten und Personal abgespielt und besprochen.
Diese Nachbesprechungen haben mir schon viel gebracht, und ich habe dadurch einiges dazugelernt.
Zu meinem Körper habe ich eine sogenannte „Antenne" gefunden, die meine Stärken und auch meine Schwächen
aufzeigt.
In nächster Zeit beginnt auch wieder eine Körperwahrnehmungsgruppe und autogenes Training. Es wird hier viel für uns Patienten getan. Wenn man ein Problem hat, kann man sich zu jeder Zeit an das Personal wenden, das sich wirklich viel mit uns befaßt und immer für uns Patienten zu sprechen ist.
Abschließend möchte ich sagen, daß ich auf dieser Station sehr viel gelernt habe. Hätte ich früher eine so gute Therapie gehabt, wäre ich wahrscheinlich nicht auf die schiefe Bahn geraten. Ich habe erkannt, wo meine menschlichen Fehler liegen. Bis ich alle Fehler abgestellt habe, liegt aber noch ein weiter Weg vor mir. Diesen Weg gehe ich geradeaus - ohne Umweg!
Günter Leymann