SCHUBERTS UNVOLLENDETE

    Fiktiver Bericht aus dem Alltag

    Ein Vorstandsmitglied eines Großunternehmens hatte Konzertkarten für Schuberts unvollendete Symphonie bekommen.  Er war verhindert und gab die Karten seinem Fachmann für Arbeitszeitstüdien und Personalplanung.

    Am nächsten Morgen fragte das Vorstandsmitglied den Mitarbeiter, wie ihm das Konzert gefallen habe.  Anstelle einer Pauschalkritik überreichte ihm der Experte für Arbeitszeitstudien und Personalplanung ein Memorandum,

    in dem es heißt:

    a) Für einen beträchtlichen Zeitraum hatten die vier Oboe-Spieler nichts zu tun.  Ihr Part sollte deshalb reduziert, ihre Arbeit auf das ganze Orchester verteilt werden.  Dadurch würden auf jeden Fall gewisse Arbeitszusammenballungen eliminiert werden.

    b) Alle zwölf Geiger spielten die gleichen Noten.  Das ist unnötige Doppelarbeit.  Die Mitgliederzahl dieser Gruppe sollte drastisch gekürzt werden.  Falls wirklich ein großes Klangvolumen erforderlich ist, kann dies durch elektronische Verstärker erzielt werden.

    c) Erhebliche Arbeitskraft kostete auch das Spielen von zweiunddreißigste Noten.  Das ist eine unnötige Verfeinerung.  Es wird deshalb empfohlen, alle Noten auf- bzw. abzurunden.  Würde man diesem Vorschlag folgen, wäre es möglich, Volontäre und andere Hilfskräfte einzusetzen.

    d) Unnütz ist es, daß die Hörner genau jene Passagen wiederholen, die bereits von den Saiteninstrumenten gespielt wurden.

    Würden alle überflüssigen Passagen gestrichen, könnte das Konzert von 25 Minuten auf 4 Minuten verkürzt werden.  Hätte Schubert sich an diese Erkenntnisse gehalten, wäre er wahrscheinlich im Stande gewesen, seine Symphonie zu vollenden.

    (Wiedergegeben von Hertie-Vorstandsmitglied Hang-Ludwig Grüschow in einem Vortrag auf der Fachtagung der "Lebensmittelzeitung" in Berlin.  Grüschow illustrierte damit die Gefahren der Personalplanung und sagte: "Die Frage, ob jemand in seinem Betrieb im Bereich der Persönalplanung so weit gehen will, wie hier aufgezeigt, muß er selbst entscheiden.")

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