Die Irren-Offensive Nr.8 - 4/99

Aus "Die Randschau - Zeitschrift für Behindertenpolitik" Nr. 4/98, S.46

Psychiatrische Genetik - Pränatale Gleichschaltung

Bericht von zwei Kongressen über Kandidatengene für „Schizophrenie"

In Jena wurde der Protest am Veranstaltungsort des Kongresses (ca. 300 Teilnehmer) im Hörsaalgebäude der Universität Jena vorgetragen. Nachdem wir unser Transparent „Psychiatrische Erbhygiene - pränatale Gleichschaltung" ausgerollt hatten, wurde unsere Meinungsäußerung sofort von zivil verkleideter Polizei (mit Hundemarke) verboten und einer von uns zur beispielhaften Disziplinierung mit Polizeigriff abgeführt, und des Hauses verwiesen.
Offensichtlich war alles bestens polizeillich überwacht, aber das sollte unsichtbar bleiben.


Nichtsdestotrotz konnte dann zum Abend Büfett von zwei einzelnen Flugblattverteilern der überwiegenden Mehrzahl der Kongressbesucher unser Faltblatt „Das Ku Klux Klan Treffen der Erbgesundheitshygieniker... verflucht sei dieser Kongreß" in die Hand gedrückt werden, so daß keiner mehr wird sagen können - davon haben wir gar nichts gewußt!
Im Vorfeld war unsere Gegenveranstaltung im sozialen Zentrum in Jena, zu der wahrscheinlich die einzig Überlebende der „Euthanasie", Frau Manthey, angereist war, in vorwegeilendem Gehorsam von einem Büttel der Stadtverwaltung dem Oberpsychiater von Jena zur „Erlaubnis" vorgelegt worden. Prompte Antwort: so eine Veranstaltung bei der die Geschichte der Erbhygiene von den Betroffenen zum Thema gemacht wird, will er nicht.
Zum Glück hatte der Sozialdezernent von Jena mehr Rückrad und der Bückling keinen Erfolg.


Was sich die Erbhygieniker da für ein Nest gebaut haben: Carl Zeiss liefert die Instrumente, direkt angekoppelt die Universität und alle starren nur auf Arbeitsplätze, die von der staatlichen Subventionsschaufel abhängig sind. Die ganze Stadt unter einem grauen Mantel des Mitmachens: so funktioniert Jena als die (laut Spiegelbericht) führende deutsche „Forschungs"stätte zur Genforschung. Daß psychiatrische Genetik der Schlüssel zum systematischen Massenmord war, darf nicht erinnert werden, denn sonst könnte die pränatale Gleichschaltung womöglich
noch durch Nach denken gefährdet werden. Man könnte traurig sein, daß wir so isoliert unseren Protest vortrugen, auch „Grüne" oder PDS haben sich nicht blicken lassen; große Hoffnung da noch was aufzuhalten, dürften vergeblich sein.

Prof. Dr. Propping

Bild: Obererbgesundheitshygeniker Prof. Dr. Propping, Bonn

Die Hardcore Veranstaltung läuft in Bonn: 4-500 Wissenschaftler/innen vom ganzen Globus treffen sich nun jährlich, um endlich den dissidenten Geist den Gar aus zu machen. Nicht nur daß die biologische Psychiatrie sowieso überall die Macht übernommen hat, nein jetzt muß konsequenterweise wieder die Psychiatrische Genetik her, und die „Erfolge" werden gefeiert!
Nirgends wird Medizin so entschieden von den Betroffenen kollektiv abgelehnt wie bei diesen Experimenten - wahrscheinlich steht systematische Körperverletzung am
Anfang dieser „Forschung", wenn den womöglich zwangseingewiesenen
Opfern das (im Zweifel mit Zwang) abgezapfte Blut ohne Einverständnis auf DNS untersucht wird. Seit den HIV Blutuntersuchungen wissen wir, daß selbst eine einverständlich abgenommenes Blutprobe eine Körperverletzung ist, wenn diese Probe für einen nicht ausdrücklich einverständlichen Bluttest verwendet wird. Aber da Grundlage der Psychiatrie sowieso der Zwang ist, ist sie auch die Speerspitze, um eine neue Welle der Erbhygiene als pränatale Gleichschaltung durchzusetzen.
Dagegen hatte sich der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener* mit einer Erklärung zur Wehr gesetzt, die einstimmig, ohne Gegenstimme oder Enthaltung auf der letzten Mitgliederversammlung verabschiedet wurde (siehe unten).

Mit der Erfahrung von Jena hatten wir uns wieder die Büfettzeit vorgenommen: In der Aula der Universität Bonn waren 40 m Delikatesshäppchen und feine Weine zum Willkommensempfang aufgebaut und wir rückten mit 9 Protestlern der Party zu Leibe: jede/r bekam unser Flugblatt, um uns dann mit angestrengter Miene zu ignorieren. Der Obererbhygieniker, und Chef der Veranstaltung, Prof. Propping, markierte den Coolen, so konnten wir ungehindert agieren: als der Saal voll war, holten wir unser Transparent: „Psychiatrische Erbhygiene - pränatale Gleichschaltung" und können uns damit auf die Bühne stellen! Auch ohne Mikrophon hört in der angespannten Stimmung jedes Gespräch auf, als wir in den Saal rufen: „Ladies and Gentlemen, the national association of users and survivors of psychiatry and the international community of psychiatric survivors call this conress a Neo-Nazi-Eugenic congress. We kindly request you to stop this conference immediately".

Danach trugen wir das Transparent noch zweimal um die versammelten Ignoranten, um es dann am Eingang abzulegen, so daß alle, die den Raum verlassen, es nochmals zur Kenntnis nehmen müssen: ihr Forschen ist menschenfeindlich und von den Betroffenen unerwünscht.

Selbstverständlich läßt sich solch eine Bande, die keine Skrupel kennt, von so einer ohnmächtigen Demonstration nicht davon abhalten, ihr menschenverachtendes Tun fortzusetzen. Was wir erreichen können, wird sein, daß sie ihr Treiben in Zukunft verheimlichen werden: Sie werden weitermachen, bis es nachher wieder heißt: wenn wir das gewußt hätten! Da hilft nur der Mut der Verzweifelten sich trotzdem die Hoffnung zu bewahren.

René Talbot

Pressereaktion


*Der BPE ist die organisierte Interessenvertretung der Psychiatriepatienten in Deutschland!


Erklärung des BPE zum 6th World Congress on Psychiatric Genetics vom 6.-10.10.´98 in Bonn

Mit der psychiatrischen Genetik begann die „Euthanasie".
Wir sehen ähnliche Entwicklungen heute! Wir bezweifeln entschieden, daß diese Forschungen dem Wohle der
Patienten dienen.
· Wir lehnen das biomedizinische Krankheitsmodell ab.
· Wir sehen die genetisch-psychiatrische Forschung als Teil des Genom-Projektes.
· Wir weisen darauf hin, daß das Genom-Projekt nebenher zur biologischen
· Waffenentwicklung genutzt wird. Ziel ist es dabei, Waffen zur selektiven Vernichtung bestimmter gentragender Bevölkerungsgruppen herzustellen.
· Wir fühlen uns dadurch bedroht, genau wie durch die zukünftigen eugenischen vor- geburtlichen Diagnostiken und Genmanipulationen.
· Wie lange dauert es noch bis sogenannte „Schizophreniegenträger" abgetrieben und Embryonen verändert
werden!?
· Wir finden die psychiatrische Genetik abgründig, absurd und bösartig!
· Offensichtlich erleben Gentechnologie, Auslese und Ausmerzung eine Renaissance.
· Solche Kongresse müssen in Zukunft verhindert werden.
Die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener e.V. In Kassel am 26. September 1998

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